Kautionsversicherungen:

Zeichnungsverhalten in der Corona-Krise

Wir haben uns in der letzten Woche mit mehreren Kautionsversicherungen über deren derzeitiges Zeichnungsverhalten in der Corona-Krise ausgetauscht. Wir wollten wissen, wie dieses durch Corona beeinflusst wurde, ob sich Änderungen ergeben haben und wenn ja, welche. Im folgenden Artikel berichten wir über die Ergebnisse dieser Gespräche.

Die neue Lage!

Die Corona-Krise stellt die Kautionsversicherungen genauso wie andere Kreditgeber vor große Herausforderungen. Die Zeichnung einer Bürgschaft setzt regelmäßig für den Bürgschaftsgeber voraus, dass er sich eine umfängliche Meinung über die Bonität des Bürgschaftsnehmers bilden kann. Dazu werden herkömmlich die letzten Jahresabschlüsse und andere Unterlagen des Unternehmens geprüft.

Erfahrungsgemäß bildet das Kalenderjahr auch das Geschäftsjahr von vielen Unternehmen. Somit erstellen diese Unternehmen, ihren Jahresabschluss innerhalb der ersten sechs Monate des Folgejahres. Die meisten Jahresabschlüsse sind in den Monaten Juni, Juli eines jeden Jahres verfügbar. Insofern werden im ersten Halbjahr des Jahres solche Bonitätsprüfungen herkömmlich auf Basis des letzten verfügbaren Jahresabschlusses (Vor-Vorjahr), zusammen mit der aussagekräftigen Jahres-BWA (Betriebswirtschaftliche Auswertung) des abgelaufenen Geschäftsjahres und zugehöriger entsprechender Erläuterungen durchgeführt.

Die derzeitige Krise hatte Ihren Anfang im Februar/März des laufenden Jahres. Sie dauert weiterhin an. Für die Kautionsversicherungen ist das eine herausfordernde Situation. Selbst wenn die Jahresabschlüsse 2019 bereits fertiggestellt sind, was oftmals nicht der Fall ist, sagen diese wenig über die tatsächliche jetzige Situation des Unternehmens aus. Der Einfluss den die Corona-Krise auf das Unternehmen nimmt, zeigt sich nicht in den Zahlen des vergangenen Jahres. Insofern haben uns alle Anbieter mitgeteilt, dass sie über die herkömmlichen Unterlagen hinaus sehr intensiv auf die Fragen des Einflusses von Corona eingehen werden.

Das bedeutet, dass der Versicherer verstehen möchte, welchen Einfluss diese Situation explizit auf das Unternehmen genommen hat. Hier sind insbesondere Antworten auf die Fragen nach dem Einfluss auf die (Vor-)Lieferantenkette, sowie die Absatzmärkte und nicht zuletzt der (Durch-)Finanzierung des Unternehmens ausschlaggebend. Wichtig sind auch Antworten in Bezug auf Anpassungen der Jahresplanung und eventuell. eingeleitete Kostensenkungsmaßnahmen etc..

Unterschiede der Kautionsversicherer

Die Kautionsversicherer unterscheiden sich untereinander schon immer in Bezug auf deren Angebote. Einige Anbieter fühlen sich eher in Portfolien bis zu 2,5 Millionen EUR wohl. Andere Anbieter beginnen erst ab dieser Größenordnung. Wiederum andere Anbieter bieten Aval-Linien erst ab der Größenordnung von 5 Millionen EUR aufwärts an.

Ein weiterer Unterschied findet sich in der Fokussierung auf bestimmte Branchen. Alle Anbieter stehen der Baubranche zur Verfügung. Manche Anbieter sind allerdings auch nur ausschließlich darauf fokussiert. Insofern bieten diese auch nur den Ausschnitt der Bürgschaftsarten an, die in der Baubranche üblich sind (Mängelgewährleistungsbürgschaften, Vertragserfüllungsbürgschaft, Anzahlungsbürgschaft). In der Vergangenheit hatten sich mache dieser Anbieter auch anderen Branchen wie z.B. dem Maschinen-und Anlagenbau geöffnet.

Andere Anbieter wiederum stehen vielen Branchen schon lange offen gegenüber und bieten zusätzlich zu den üblichen Bau-Bürgschaften auch eine Vielzahl andere Bürgschaftsarten an (zum Beispiel Warenlieferungsbürgschaften, Mietbürgschaften, Rekultivierungsbürgschaften etc.). Welche Bürgschaftsarten grundsätzlich am Markt umsetzbar sind, finden Sie hier…

Zeichnungsverhalten in der Corona-Krise

Aufgrund der historischen Unterschiedlichkeit der einzelnen Anbieter ergab sich nun auch in unseren Gesprächen ein differenziertes Bild der Antworten. Allerdings gibt es auch viele grundsätzliche Gemeinsamkeiten:

Wir erfuhren von allen Anbietern, dass sie sich die Unterlagen im Einzelfall noch intensiver als bisher anschauen und prüfen werden. Insbesondere ist es allen Anbietern äußerst wichtig das Geschäftsmodell des Unternehmens, sowie den Einfluss der neuen Risiken und die getroffenen (Gegen-)Maßnahmen zu verstehen. Die aus der Vergangenheit abgeleitete Bonität des Unternehmens war und ist schon immer ein wichtiger Faktor um die Zukunfstfähigkeit des Unternehmens einzuschätzen. Nun aber gewinnen allerdings die Antworten, welche aus der Ist-Situation und den Planungen abzuleiten sind, ein immer größeres Gewicht.

Gewisse Bürgschaftsarten, die in der Vergangenheit durch Inkaufnahme höheren Risikos von einzelnen Häusern gezeichnet wurden, werden derzeit kritischer eingeschätzt. So ist es zum Beispiel in der aktuellen Lage schwierig sogenannte „Warenlieferungsbürgschaften“ oder „Mietavale“ darzustellen.

Hinsichtlich des Pricings erhielten wir von allen Anbietern die Aussage, dass derzeit die eigentliche „Umsetzbarkeit“ von Bürgschaften im Vordergrund stehe. Damit ist die eigentliche Darstellbarkeit des Engagements wegen der geänderten Risikolage gemeint. Diese ist sicherlich umso unkritischer, sofern sich ein überdurchschnittliches Bonitätsbild ergibt. Sie wird naturgemäß allerdings schwieriger, je schlechter die Bonität einzuschätzen ist. Der angebotene Preis wird dann in einem zweiten, unmittelbar folgenden Schritt diskutiert.

Die Preismodelle wurden gemäß der Aussagen der Versicherer in der Fläche bisher nicht automatisiert nach oben hin angepasst; insbesondere nicht bei Bestandskunden. Es ist allerdings davon auszugehen, dass Preissenkungen oder Freigaben von Sicherheiten, wie wir sie vor der Krise für unserer Kunden durchsetzen konnten, in näherer Zukunft schwieriger durchsetzbar werden. Man geht allgemein hin davon aus, dass die Preise im Neugeschäft an das gestiegenen Risiko angepasst werden. In der Fläche rechnen wir mit Preisanstiegen von 10-15 %.

Insgesamt spiegelten uns die Anbieter, dass sie sich auf ihre individuellen wesentlichen Geschäftskonzepte fokussieren werden. Je nach Kautionsversicherung bedeutet das, dass vormals umsetzbare Sonderlösungen z.B. besondere Avaltexte oder besondere Avalarten in den jeweiligen Häusern schwieriger umsetzbar sein werden. Somit wird der Markt für Sonderlösungen enger. Damit steigt der Wert des Know-How´s mit welchem Anbieter man welche Lösungen umsetzen kann.

Die Versicherer legen einen sehr hohen Wert darauf, dass sie einen intensiven Einblick in die Bonitätssituation des Bürgschaftsnehmers erhalten. Dabei wird vorausgesetzt, dass aussagfähige und umfängliche Unterlagen (Jahresabschlüsse, BWAen etc.) zur Prüfung eingereicht werden. Die zusätzliche Aufbereitung der Unterlagen, zur Beantwortung der sich neu ergebenden Fragestellungen, erhöht sowohl die Erfolgswahrscheinlichkeit und verkürzt die Zeit bis die Lösung dargestellt ist. Insbesondere Fragen welchen Einfluss die Corona-Krise auf das Unternehmen genommen hat, und wie das Unternehmen damit umgeht, sollten möglichst im Vorfeld beantwortet werden.

Unser Fazit:

Wir haben aus diesen Gesprächen für uns mitgenommen, dass die Kautionsversicherer weiterhin an der Zeichnung von Geschäft interessiert sind. Die Bonitätsprüfung und -einschätzung ist in der Krise noch komplexer und umfangreicher geworden. Die fachmännische Vorbereitung der Anfragen ist noch wichtiger als bisher. Wir werden uns im Austausch mit unseren Kunden noch intensiver über deren Geschäftsmodell und zu den oben aufgeworfenen Fragen abstimmen, um die Engagements bestmöglich vorzubereiten.

Dadurch, dass die Anbieter früh in der Anfrage einen höchstmöglichen Informationsstand gewinnen können, sehen wir den Vorteil für unsere Kunden, Lösungen möglichst ohne aufwändige und zeitverzögernde Rückfragen darstellen zu können. Wir sind davon überzeugt, dass wir die Umsetzungswahrscheinlichkeit für unsere Kunden erhöhen, das Pricing angemessen gestalten und die Zeit bis zur Ausstellung der Bürgschaften verkürzen können, indem wir es den Anbietern erleichtern eine positive Entscheidung auf Basis fachmännisch vorbereiteter Unterlagen zu treffen.